2006-07-17

neulich mitten im Nirgendwo

Die moderne Technik hat es der Menschheit ermöglicht, die ungewöhnlichsten Orte zu erreichen: Den Mond, die Tiefsee - oder ein abgelegenes Feld mitten im Lipperland. Ich bin seit einigen Jahren begeisterter Nutzer eines GPS-Empfängers, der mich auf allen meinen Radtouren begleitet, und mir bei neuen Strecken zuverlässig den Weg weist. Seit GPS ein erschwingliches Hobby geworden ist, das nicht mehr allein Geologen/-graphen/-däten oder Militärangehörigen vorbehalten ist, hat sich eine regelrechte Subkultur entwickelt. Der Trend des Geocaching konnte mich noch sie so recht begeistern, aber als ich vor einigen Jahren über die Website des Degree Confluence Projects gestolpert bin war mir klar: Das machst Du auch mal. Konfluenzpunkte sind die Schnittpunkte der (ganzzahligen) Längen- und Breitengrade, von denen 33 Stück in Deutschland liegen. Bielefeld befindet sich zwar ziemlich genau auf dem 52. Grad nördlicher Breite, aber dummerweise mindestens so genau zwischen dem 8. und dem 9. Grad östlicher Länge. Der "Halbkonfluenzpunkt" innerhalb Bielefelds dürfte übrigens täglich von mehreren tausend Autos überquert werden. Also hat man als Bielefelder die freie Wahl, entweder den westlichen K-Punkt bei Warendorf oder den östlichen hinter Lemgo zu besuchen. Ich habe mich am Wochenende für letzteren entschieden. Nach ziemlich genau zwei Stunden gemütlichen Radfahrens (ich war extra früh gestartet, um der Mittagshitze zu entgehen) hatte ich den Ort Hagendonop erreicht. Die erste Frage war dann: Wo liegt jetzt der Konfluenzpunkt genau? Die Antwort ist schwerer, als man vielleicht zunächst denkt, trotz oder gerade wegen GPS. Denn die exakte Lage des Schnittpunkts hängt davon ab, welches Koordinatensystem man zugrunde legt. Geht man nach dem amtlichen deutschen System ("Potsdam-Datum" genannt), dann ist der Punkt netterweise durch einen kleinen Findling mit einer Plakette markiert.Zumindest so in etwa, mein GPS-Gerät war der Meinung, dass der Stein ein paar Meter vom richtigen Ort entfernt ist - ich hab' in aber trotzdem mal dort liegen lassen... Das in der GPS-Welt übliche Koordinatensystem nennt sich WGS84, und wenn man danach geht, wird der Konfluenzpunkt 52N/9E durch keinerlei Stein oder sonstiges markiert, sondern liegt mitten in einem Klee-Feld, rund 180 Meter von dem Findling entfernt. Auch sonst kommt der Ort einem nicht irgendwie besonders vor, und doch scheint er auch für andere Leute eine magische Anziehungskraft zu haben. Wenigstens einen weiteren Trampelpfad konnte ich erkennen (auf dem letzten Foto links zu sehen), ich war also anscheinend nicht der erste an diesem Tag, der erleben wollte, wie sämtliche Nachkommastellen auf dem GPS-Gerät auf Null springen. Während ich gerade so mittem im Klee stand, wurden zwei der Strohballen vom benachbarten Feld abgeholt, und ich rechnete schon mit einen Anpfiff, weil ich schliesslich Privatgrundstück betreten hatte. Aber vermutlich kannten die Besitzer das schon und hatten sich damit abgefunden, dass öfters irgendwelche Verrückten auftauchen, die aber im Grunde harmlos sind. Mal schauen, ob ich mir den anderen Konfluenzpunkt auch noch vornehme, oder ob das genug Aufregung für einen Sommer war. Auf alle Fälle werde ich noch ein wenig weiter mit Google Maps und der zugehörigen API experimentieren. Ich habe den Eindruck, dass man damit wirklich nette Sachen machen kann.

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