2007-02-26

neulich auf DVD: "An Inconvenient Truth"

Kam es mir eigentlich nur so vor, oder hatte man letztes Jahr kaum eine Chance, diesen Film im Kino zu sehen? Bevor er richtig angelaufen war, war er auch schon wieder aus den Programmen verschwunden. Und während man in Deutschland noch bis Ende März warten muss, bis der Film auf DVD erscheint, habe ich ihn mir vor einigen Wochen beim Versender meines Vertrauens in England bestellt. Eigentlich wollte ich schon längst darüber schreiben, aber heute bietet es sich so schön an. Vollkommen zu Recht hat Davis Guggenheim den Oscar für "An Inconvenient Truth" bekommen, wobei eigentlich klar ist, dass der wahre Preisträger Al Gore und sein Kampf gegen die Globale Erwärmung ist - stellvertretend für alle, die sich ebenso in dieser Sache engagieren. Der Film zeigt im wesentlichen die Präsentation von Gore (ich glaube, ich will auch Apple Keynote haben), die er in erstaunlich unterhaltsamer Weise 'rüberbringt. Hätten mehr Amerikaner den als humor- und emotionslos verschrienen Vizepräsidenten so vor der Wahl 2000 erlebt, die Welt könnte heute eine ganz andere sein... Verknüpft wird dieser Hauptstrang des Films mit persönlichen Geschichten und Erlebnissen aus dem Leben von Gore. Die Themen "Treibhauseffekt" und "Globale Erwärmung" müssen in der modernen und aufgeklärten Welt eigentlich niemandem mehr erläutert werden. Die von konservativen Kritikern gerne vorgebrachte Behauptung, es gäbe einen wissenschaftlichen Disput darüber, ob die Veränderung des Klimas vom Menschen verursacht wird oder nicht, existiert einfach nicht. Es gibt keine einzige wissenschaftliche Publikation, die den Einfluss des Menschen verneint. Ich fand eine Grafik relativ am Anfang sehr beeindruckend, die etwa der hier gezeigten entspricht: Wenn man über die letzten paar 100.000 Jahre den CO2-Gehalt mit der Temperatur vergleicht (beides ist durch Eisbohrkerne aus der Antarktis und anderen Gebieten möglich), dann erkennt man einen frappierenden Zusammenhang. Es hat Schwankungen gegeben, die uns alle paar zehntausend Jahre einen Wechsel von Eiszeiten und Wärmeperioden beschert haben. Was auf der obigen Grafik bereits zu sehen ist, und von Al Gore eindrucksvoll mit Hilfe einer Hebebühne demonstriert wird, ist der nahezu senkrechte Anstieg des Kohlendioxides innerhalb der letzten ein oder zwei Jahrhunderte. Jeder kann sich selber ausrechnen, wie die Temperaturkurve sich analog dazu entwickeln wird. Eine weitere Gefahr wird dann im Verlauf des Films herausgearbeitet: Die globalen Eisreserven schmelzen. Im Jahr 2002 verschwand ein grosser Teil des Larsen-Schelfs in der Antarktis - ein Vorgang, der für nahezu unmöglich gehalten wurde. Die zuvor beobachteten Phänomene (z.B. Schmelzwasserseen) werden derzeit in Grönland vermehrt festgestellt. Alles deutet darauf hin, dass der Eispanzer der Arktis innerhalb der nächsten Jahrzehnte verschwinden wird. Mit katastrophalen Folgen: Auch wenn "The Day After Tomorrow" deutlich mehr Fiktion als Science enthielt - Der Golfstrom ist bereits einmal zum Erliegen gekommen, als nach einer der letzten Eiszeiten Süßwasser vom amerikanischen Kontinent in den Atlantik strömte. Für uns in Europa dürfte es dann vorbei sein mit milden Wintern. Der Film wurde im Jahr 2005 gedreht (Hurrikan Katrina und die Verwüstungen in New Orleans waren gerade das aktuelle Thema), und in der Zwischenzeit hat sich viel getan. Die neusten Erkenntnisse werden in einem 30minütigen "Update" von Al Gore erzählt. Besonders erschreckend finde ich folgende Aussicht: Durch die globale Erwärmung tauen die Permafrostböden der sibirischen und nordamerikanischen Tundren auf. Dadurch wird dort fixiertes Methan freigesetzt - und zwar so viel, dass der Treibhauseffekt der Atmosphäre fast schlagartig verdoppelt wird. Wenn einen schon die obige Kurve des CO2-Anstiegs erschreckt hat, muss einen diese Aussicht eigentlich in Panik versetzen. Gerade in den letzten Wochen wurde nochmal deutlich, wer hierzulande bei diesem Thema welche Meinung hat: Eine Autoindustrie, die sich weigert, weniger umweltschädliche Fahrzeuge herzustellen, oder populistische Politiker, die die grandiose australische Idee aufgegriffen haben, altmodische Glühbirnen zu verbieten. Ja genau, das wird uns vor der Katastrophe bewahren. Der Bericht der IPCC gibt uns noch ein paar Jahre Zeit, in denen das Ruder herumgerissen werden kann. Ich weiss nicht... Wenn ich bedenke, wieviele Menschen in Schwellenländern wie China oder Indien den (berechtigten) Wunsch haben, auch am Wohlstand teilzuhaben, mit Autos, Klimaanlagen und all den anderen Energiefressern, die wir uns seit Jahrzehnten gönnen, dann schätze ich die Chancen eher schlecht ein. Ich denke, Hoimar von Ditfurth wird Recht behalten mit seiner Prognose "Die Erde wird uns [Menschen] einfach abschütteln und ohne uns weitermachen."

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